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Jodarme Ernährung für die Schilddrüse: Ein umfassender Leitfaden

  • Autorenbild: mate trogrlic
    mate trogrlic
  • 7. Mai
  • 6 Min. Lesezeit

Die Schilddrüse, ein kleines schmetterlingsförmiges Organ im Hals, spielt eine entscheidende Rolle für unseren Stoffwechsel und unser allgemeines Wohlbefinden. Einer der wichtigsten Nährstoffe für ihre Funktion ist Jod. Doch was passiert, wenn die Schilddrüse aus dem Gleichgewicht gerät oder eine spezielle Behandlung wie eine Radiojodtherapie ansteht? Dann rückt eine jodarme Ernährung in den Fokus. Dieser Artikel beleuchtet ausführlich, was eine jodarme Diät bedeutet, welche Lebensmittel wie viel Jod enthalten, wie sie sich auf eine Schilddrüsenüberfunktion auswirkt und was vor einer Radiojodtherapie zu beachten ist.


Warum Jod für die Schilddrüse so wichtig ist (und wann weniger mehr ist)

Jod ist ein Spurenelement, das der Körper nicht selbst herstellen kann und daher über die Nahrung aufnehmen muss. Die Schilddrüse benötigt Jod, um die Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) zu produzieren. Diese Hormone regulieren zahlreiche Stoffwechselprozesse, darunter den Energieverbrauch, das Wachstum und die Entwicklung.


Eine ausreichende Jodversorgung ist daher für eine gesunde Schilddrüsenfunktion unerlässlich. Ein Jodmangel kann zu einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) und zur Bildung eines Kropfes (Struma) führen.


Es gibt jedoch Situationen, in denen eine reduzierte Jodzufuhr notwendig ist:

  • Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose): Bei einer Überfunktion produziert die Schilddrüse zu viele Hormone. Da Jod der Baustein für diese Hormone ist, kann eine vorübergehend jodarme Ernährung helfen, die Hormonproduktion zu drosseln und die Symptome zu lindern, oft in Verbindung mit medikamentöser Behandlung.

  • Vorbereitung auf eine Radiojodtherapie: Diese Therapie wird häufig zur Behandlung von Schilddrüsenüberfunktionen (z.B. Morbus Basedow, autonome Adenome) oder Schilddrüsenkrebs eingesetzt. Dabei wird radioaktives Jod verabreicht, das von den Schilddrüsenzellen aufgenommen wird und diese gezielt zerstört oder deren Aktivität reduziert. Damit die Schilddrüsenzellen das radioaktive Jod möglichst gierig aufnehmen, müssen die körpereigenen Jodspeicher zuvor geleert werden. Dies geschieht durch eine konsequente jodarme Ernährung für einen bestimmten Zeitraum vor der Therapie.

  • Schilddrüsenentzündung (Thyreoiditis): In einigen Fällen kann auch bei bestimmten Formen der Schilddrüsenentzündung eine temporäre Jodrestriktion sinnvoll sein.


Jodgehalt in Lebensmitteln: Ein genauer Blick

Die Jodkonzentration in Lebensmitteln kann stark variieren, abhängig vom Jodgehalt des Bodens, des Wassers und der Verwendung von jodiertem Futter in der Tierhaltung oder jodiertem Salz in der Lebensmittelverarbeitung.


Generell gilt:

  • Sehr jodreich (zu meiden bei jodarme Diät):

    • Meeresfisch und Meeresfrüchte: Kabeljau, Schellfisch, Seelachs, Garnelen, Muscheln, Algen (wie Nori, Wakame, Kombu – diese sind extrem jodhaltig!).

    • Jodiertes Speisesalz und damit hergestellte Produkte: Achten Sie auf die Kennzeichnung "jodiertes Speisesalz" auf Verpackungen. Viele Fertiggerichte, Wurstwaren, Brot und Backwaren enthalten jodiertes Salz.

    • Milch und Milchprodukte: Der Jodgehalt in Milch hängt von der Fütterung der Tiere (teilweise jodiertes Futter) und von jodhaltigen Desinfektionsmitteln in der Milchwirtschaft ab. Quark, Joghurt, Käse sind entsprechend auch betroffen.

    • Eier: Insbesondere das Eigelb enthält Jod, auch hier abhängig vom Hühnerfutter.

    • Bestimmte Nahrungsergänzungsmittel und Medikamente: Einige Vitaminpräparate, Hustensäfte oder Kontrastmittel für Röntgenuntersuchungen können hohe Mengen Jod enthalten. Sprechen Sie hier unbedingt mit Ihrem Arzt oder Apotheker.

    • Lebensmittel mit Farbstoff Erythrosin (E127): Dieser rote Farbstoff ist stark jodhaltig und findet sich manchmal in kandierten Kirschen, Cocktailkirschen oder bestimmten Süßwaren.


  • Moderat jodhaltig (in Maßen oder nach ärztlicher Absprache):

    • Brot und Backwaren: Wenn nicht mit jodiertem Salz hergestellt, ist der Jodgehalt meist geringer. Bäcker können Auskunft über die Verwendung von jodiertem Salz geben.

    • Fleisch und Wurstwaren: Der Jodgehalt kann variieren, je nachdem, ob jodiertes Salz bei der Verarbeitung verwendet wurde.


  • Jodarm (meist unbedenklich bei jodarme Diät):

    • Obst und Gemüse: Die meisten Obst- und Gemüsesorten sind von Natur aus jodarm. Ausnahmen können Spinat oder Brokkoli sein, wenn sie auf sehr jodreichen Böden gewachsen sind, der Gehalt ist aber meist moderat.

    • Reis, Nudeln (ohne Ei), Kartoffeln: Diese Grundnahrungsmittel sind in ihrer reinen Form jodarm.

    • Hülsenfrüchte: Bohnen, Linsen, Erbsen.

    • Nüsse und Samen (unbehandelt): Mandeln, Walnüsse, Sonnenblumenkerne etc.

    • Pflanzliche Öle.

    • Zucker, Honig, Marmelade (ohne Erythrosin).

    • Kräuter und Gewürze (außer jodiertes Salz und Algenprodukte).

    • Getränke: Wasser (ohne zugesetztes Jod), Kaffee, Tee (außer bestimmte Algentees).


Wichtig: Es ist nahezu unmöglich, sich komplett jodfrei zu ernähren, da Jod ein natürlicher Bestandteil der Umwelt ist. Ziel einer jodarmen Diät ist es, die Jodzufuhr signifikant zu reduzieren.


Schilddrüsenüberfunktion und Ernährung

Bei einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) arbeitet die Schilddrüse auf Hochtouren und produziert zu viele Schilddrüsenhormone. Dies beschleunigt den Stoffwechsel und kann zu Symptomen wie Gewichtsverlust trotz Heißhunger, Herzrasen, Nervosität, Schlafstörungen, vermehrtem Schwitzen und Haarausfall führen.

Eine jodarme Ernährung kann begleitend zur medikamentösen Therapie (Thyreostatika) eingesetzt werden, um die Hormonproduktion zu drosseln. Die Reduktion der Jodzufuhr entzieht der überaktiven Schilddrüse sozusagen den "Brennstoff".

Darüber hinaus können folgende Aspekte bei der Ernährung während einer Hyperthyreose hilfreich sein:

  • Ausreichende Kalorienzufuhr: Durch den beschleunigten Stoffwechsel haben Betroffene oft einen erhöhten Energiebedarf. Eine ausgewogene Ernährung mit genügend Kalorien ist wichtig, um einem ungewollten Gewichtsverlust entgegenzuwirken.

  • Eiweißreiche Kost: Proteine sind wichtig für den Muskelerhalt, der bei Hyperthyreose gefährdet sein kann.

  • Kalzium und Vitamin D: Eine Hyperthyreose kann den Knochenstoffwechsel negativ beeinflussen und das Risiko für Osteoporose erhöhen. Eine gute Versorgung mit Kalzium (z.B. aus jodarmen Quellen wie grünem Gemüse, kalziumreichem Mineralwasser) und Vitamin D ist daher wichtig.

  • Antioxidantien: Obst und Gemüse liefern Antioxidantien, die helfen können, den durch die Überfunktion verursachten oxidativen Stress im Körper zu reduzieren.

  • Vorsicht mit Kaffee und anderen Stimulanzien: Da Betroffene oft ohnehin unter Nervosität und Herzrasen leiden, sollten koffeinhaltige Getränke nur in Maßen konsumiert werden.


Die jodarme Ernährung vor einer Radiojodtherapie: Das A und O für den Therapieerfolg

Die Radiojodtherapie ist eine sehr effektive Behandlungsmethode für verschiedene Schilddrüsenerkrankungen. Damit das therapeutisch eingesetzte radioaktive Jod (meist Jod-131) optimal von den Schilddrüsenzellen aufgenommen wird, ist eine konsequente jodarme Diät im Vorfeld unerlässlich.


Warum ist das so wichtig?

Stellen Sie sich vor, die Schilddrüsenzellen sind "hungrig" nach Jod. Wenn der Körper über die Nahrung ständig ausreichend Jod erhält, sind die Zellen gesättigt. Gibt man dann radioaktives Jod, wird nur ein kleiner Teil davon aufgenommen. Reduziert man jedoch die Jodzufuhr über mehrere Wochen drastisch, werden die Schilddrüsenzellen "ausgehungert" und nehmen das angebotene radioaktive Jod sehr viel besser auf. Dadurch kann das erkrankte Schilddrüsengewebe gezielter und effektiver behandelt werden.


Richtlinien für die jodarme Ernährung vor der Radiojodtherapie:

  • Dauer: Die jodarme Diät sollte in der Regel zwei bis vier Wochen vor der Radiojodtherapie begonnen werden. Die genaue Dauer legt der behandelnde Arzt fest.

  • Konsequenz ist entscheidend: Schon kleine Mengen an Jod können den Erfolg der Therapie beeinträchtigen. Daher ist es wichtig, die Diätrichtlinien sehr genau zu befolgen.

  • Was ist zu meiden?

    • Jodiertes Speisesalz und alle damit hergestellten Produkte: Dies ist der wichtigste Punkt. Kochen Sie selbst und verwenden Sie ausschließlich unjodiertes Salz. Fragen Sie in Restaurants und Bäckereien gezielt nach.

    • Meeresfisch, Algen und Meeresfrüchte: Komplett meiden.

    • Milch und Milchprodukte: Stark einschränken oder ganz meiden. Besprechen Sie Alternativen (z.B. bestimmte pflanzliche Milchdrinks, achten Sie aber auch hier auf die Zutatenliste bezüglich Jodzusatz) mit Ihrem Arzt oder Ernährungsberater.

    • Eier: Vor allem Eigelb meiden oder stark reduzieren.

    • Fertiggerichte, Konserven, Fast Food: Enthalten oft verstecktes jodiertes Salz.

    • Viele Wurst- und Fleischwaren: Oft mit jodiertem Pökelsalz hergestellt. Bevorzugen Sie frisches, unverarbeitetes Fleisch und fragen Sie beim Metzger nach.

    • Sojaprodukte in großen Mengen: Soja kann die Jodaufnahme beeinflussen.

    • Rot gefärbte Lebensmittel (Erythrosin E127): Kandierte Kirschen etc.

    • Jodhaltige Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel: Unbedingt mit dem Arzt abklären und gegebenenfalls absetzen oder ersetzen. Dies gilt auch für bestimmte Desinfektionsmittel (z.B. Jodtinktur), die nicht auf die Haut aufgetragen werden sollten.


  • Was ist erlaubt (Beispiele)?

    • Frisches Obst und Gemüse (gewaschen)

    • Kartoffeln, Reis, Nudeln (ohne Ei)

    • Unjodiertes Brot und Backwaren (selbstgebacken oder vom Bäcker, der unjodiertes Salz verwendet)

    • Frisches Fleisch (Huhn, Pute, Rind, Schwein – ungewürzt und ohne jodiertes Pökelsalz)

    • Pflanzliche Öle

    • Zucker, Honig, Marmelade (ohne E127)

    • Unjodiertes Salz zum Kochen und Würzen

    • Kaffee, Tee, Wasser


  • Lesen Sie Etiketten! Die Zutatenliste gibt Aufschluss über die Verwendung von jodiertem Salz oder anderen jodhaltigen Inhaltsstoffen.

  • Vorbereitung ist alles: Planen Sie Ihre Mahlzeiten im Voraus. Kochen Sie so oft wie möglich selbst, um die Kontrolle über die Zutaten zu haben.

  • Informieren Sie Ihr Umfeld: Erklären Sie Familie und Freunden die Notwendigkeit der Diät, damit sie Sie unterstützen können.

  • Keine Panik: Eine jodarme Diät ist eine vorübergehende Maßnahme. Mit guter Planung und Information ist sie gut umsetzbar.


Nach der Radiojodtherapie:

Die jodarme Diät wird in der Regel noch für einige Tage nach der Verabreichung des radioaktiven Jods beibehalten. Ihr Arzt wird Ihnen genaue Anweisungen geben, wann Sie wieder zu einer normalen Ernährung übergehen können.

Zusätzliche Tipps für die jodarme Ernährung:

  • Trinken Sie ausreichend Wasser: Dies hilft, Jod aus dem Körper auszuschwemmen.

  • Vorsicht bei Restaurantbesuchen: Es ist oft schwierig nachzuvollziehen, ob jodiertes Salz verwendet wurde. Wenn möglich, wählen Sie einfache Gerichte wie Salat mit Essig und Öl (ohne Fertigdressing) oder gegrilltes Fleisch ohne Marinade und fragen Sie explizit nach unjodierter Zubereitung.

  • Ernährungsberatung: Eine qualifizierte Ernährungsfachkraft kann Ihnen helfen, einen individuellen Ernährungsplan zu erstellen und praktische Tipps für den Alltag geben.


Fazit

Eine jodarme Ernährung ist eine spezielle Diätform, die in bestimmten medizinischen Situationen, insbesondere bei Schilddrüsenüberfunktion und vor einer Radiojodtherapie, eine wichtige Rolle spielt. Sie erfordert Aufmerksamkeit und Planung, ist aber mit dem richtigen Wissen und der Unterstützung durch Ärzte und Ernährungsberater gut durchführbar. Der bewusste Umgang mit dem Jodgehalt von Lebensmitteln kann maßgeblich zum Erfolg einer Behandlung beitragen und das Wohlbefinden von Menschen mit Schilddrüsenerkrankungen verbessern. Sprechen Sie immer mit Ihrem behandelnden Arzt, bevor Sie eine jodarme Diät beginnen, um sicherzustellen, dass diese für Ihre individuelle Situation geeignet und notwendig ist.



 
 
 

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